Im Post von Ende letzten Jahres zu unserer neuen Bristell B23 haben wir unter anderem die moderne Avionik hervorgehoben, insbesondere den Autopiloten. Ich möchte hier ein bisschen näher darauf eingehen was das Ding kann.

Zunächst ein bisschen Kontext. Vor rund zwanzig Jahren wurden GPS Geräte so billig, dass sie langsam aber sicher in jedes Flugzeug Einzug hielten. Zunächst nur als Koordinaten-und-Kurs-Anzeiger, aber dann auch recht schnell als Karte. Seit ungefähr 10 Jahren sind große, hochauflösende, bunte GPS-basierte Karten- und Rechnersysteme in Form des LX9000 in jedem modernen Segelflugzeug verbaut.

Auf der anderen Seite gibt es auch schon lange Autopiloten — die warum auch immer „George“ genannt werden. Zunächst waren das Systeme, die die Fluglage um drei Achsen stabilisiert haben und damit Kurs und Höhe, gegebenenfalls auch Geschwindigkeit halten konnten („Autothrottle“). Auch das automatische Halten des Kurses zu einem Funkfeuer ist schon seit Jahrzehnten gängig. Unsere Piper Archer hat so ein System. In Airlinern gibt es auch seit Jahrzehnten Flight-Management-Systeme, die eine Sequenz von Wegpunkten und Höhenprofilen vollautomatisch abfliegen.

Was unsere Bristell auszeichnet ist, dass das G3X System alle alle diese Funktionen kombiniert und dem Piloten mittels Touchscreen zur Verfügung stellt. Wenn man (ein bisschen) übertreibt, würde man sagen: die Technologie von Airlinern mit der Bedienphilosophie des Smartphones.

Was bedeutet das in der Praxis? Angenommen wir möchten von Donzdorf über Eichstätt nach Rothenburg fliegen. Unser Flug hat also drei Wegpunkte: EDPM, EDPE und EDFR, die Kürzel der drei Plätze. Bevor wir starten, legen wir einen neuen Flugplan mit diesen drei Wegpunkten im G3X an. Nachdem wir den Flugplan aktiviert haben, sehen wir die beiden Schenkel (EDPM -> EDPE und EDPE -> EDFR) auf dem Bildschirm, auf einer Karte auf der Städte, Waldgebiete, Strassen und — am wichtigsten — Flugplätze und Lufträume zu sehen sind. Wir selektieren außerdem eine Höhe von 5000 Fuß, denn in dieser Höhe wollen wir die Strecke fliegen.

Wir starten also auf dem Messelberg ohne Autopilot und steigen auf 3000 Fuß, Flugrichtung Osten. In 3000 Fuß angekommen schalten wir den Autopilot ein. Der hat zwei Teilaspekte: horizontale und vertikale Flugregelung. Den horizontalen Regler schalten wir auf den Flugplan. Der Flieger kurvt nun automatisch so, dass er den geplanten Kurs nach Eichstätt einnimmt. Den vertikalen Regler stellen wir auf Vertical Speed und drehen plus 300 Fuß/Minute ein. Damit steigt George gleichmäßig auf die vorher eingestellten 5000 Fuß. Sobald er diese erreicht, levelt er aus und fliegt in 5000 Fuß weiter.

Nun müssen wir (was die eigentliche Flugregelung angeht) nichts mehr weiter tun. Kurz vor Eichstätt gibt’s ein „Ding“: das System macht darauf aufmerksam, dass wir kurz vor unserem Wegpunkt sind, und zeigt eine Schaltfläche an, die den Namen des nächsten Wegpunktes (Rothenburg in diesem Fall) enthält. Wenn wir da drauf tappen, dreht der Flieger automatisch um ca. 140 Grad nach links, Kurs Rothenburg.

Wir fliegen also nun in 5000 Fuß gemütlich Richtung Rothenburg. Unterwegs gibt es eine Fallschirmsprungzone die wir nicht durchfliegen sollten. Unser Kurs geht aber mittendurch. Um trotzdem drumrum zu fliegen, könnten wir nun den Autopilot ausschalten und 10 Minuten von Hand fliegen. Alternativ können wir auch in den Heading-Mode umschalten, und beispielsweise ein Heading von 10 Grad rechts des direkten Kurses nach Rothenburg eindrehen. Wir fliegen also leicht nord-östlich der Sprungzone vorbei … und stellen danach wieder auf den NAV Modus, der dann wieder dem vorher geplanten Flugplan folgt.

Wir sind also wieder auf Kurs Rothenburg. Bis dorthin müssen wir also auf Platzrundenhöhe gesunken sein. Der Autopilot kann auch diese Aufgabe automatisch, das nennt sich VNAV. Wir konfigurieren, dass wir 5 Meilen vor Rothenburg (auf direktem Kurs dorthin) in 2800 Fuß ankommen wollen, 300 Fuß über der Platzrundenhöhe. Wir geben eine Sinkgeschwindigkeit vor, bspw. 500 Fuß/Minute. Der Autopilot wird nun automatisch in der richtigen Entfernung vom Ziel einen Sinkflug einleiten, um am gewünschten Ort in der vorgegebenen Höhe anzukommen.

Ihr fragt Euch jetzt vielleicht: was ist so geil daran nicht selber fliegen zu müssen? Warum geben die Leute Geld fürs Fliegen aus wenn sie dann nicht mal selber fliegen? Sitzen die nicht deshalb in diese Kisten weil sie selber fliegen wollen? Im Grund ja. Aber ne Stunde lang Kurs und Höhe halten ist jetzt nicht soooo spannend. Da ist ein bisschen Unterstützung schon angenehm. Dazu kommt, dass man beim Fliegen ja nicht nur fliegt: Man hält nach anderem Verkehr Ausschau. Man schaut ständig, wo man ist, und wo man im Falle eines Motorausfalls landen könnte. Man überwacht die Motorinstrumente. Man ist per Funk in Kontakt mit der Flugsicherung. Wenn der Flieger das „handwerkliche“ Fliegen von selbst macht, bleibt mehr Gehirnbandbreite für diese anderen Tätigkeiten.

Natürlich ist der Autopilot nicht perfekt. Er „sieht“ keine anderen Flugzeuge. Man muss also trotz Autopilot ständig rausschauen um anderen Flugzeugen ggfs. auszuweichen (zusätzlich gibt es natürlich auf FLARM und ADSB basierende Warnsysteme, und auch die Flugsicherung gibt Piloten Verkehrsinformationen). George sieht auch keine Berge, Lufträume oder Windkraftanlagen (ja, auch dafür gibt es Warnsysteme, aber die sind nicht mit dem Autopilot gekoppelt). Man muss also ständig schauen, ob der (automatisierte) Flugweg safe ist. Und natürlich macht man trotz Computerles und Autopilot eine Flugvorbereitung!

Und es gibt noch ein weiteres Sicherheitsplus: der Flieger hat einen LEVEL Knopf. Wenn man den drückt, steuert der Flieger aus (hoffentlich) jeder Fluglage wieder in den Geradeausflug. Das wahrscheinlichste Szenario in dem man den Knopf brauchen könnte ist, wenn man aus Versehen in Wolken einfliegt und die Orientierung verliert. Das kann im Zweifelsfall sehr schnell sehr gefährlich werden. 

Alles in allem: neben dem eindeutigen Plus an Bequemlichkeit ist ein Autopilot aus meiner Sicht auch ein klares Sicherheitsplus, zumindest so lange man das Rausschauen nicht vernachlässigt, weil man nur noch am Bildschirm rumspielt. Deswegen ist es eine gute Idee, den Flugplan vor dem Flug zu programmieren; man muss ihn dann nur noch aktivieren, und das dauert ein paar Sekunden. 

Und trotz aller Intuitivität dauert es schon ein bisschen, bis man sich in das System eingearbeitet hat. Das tut man am besten nicht in der Luft, denn die „verschwendete“ Flugzeit ist zu teuer (und es ist zu gefährlich, Stichwort rausschauen). Stattdessen: Ground Power Unit an den Flieger anstöpseln und ne Stunde oder zwei am Boden üben. Und am besten vorher ein paar Videos auf Youtube anschauen.

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